Ahnenforschung Grawert

Lübeck


Kurze Stadtgeschichte Lübecks im Mittelalter:

Lübeck wurde bereits um das Jahr 1.000 als slawische Siedlung der Wagriner (einem Stamm der Wenden) als Liubice gegründet.
Im 12.Jahrhundert wurden diese von Holsten, Stormanern und Friesen nach Osten verdrängt und die Ansiedlung der Slawen 1138 niedergebrannt.

1143 wurde Lübeck als “deutschsprachige Stadt” gegründet.
Aboritischer (wendischer) Ueberfall 1147.
1156 Streitigkeiten mit Heinrich dem Löwen, Herzog von Sachsen wegen ausbleibender Einkünfte.
Ein weiteres Feuer zerstörte Lübeck 1157.
1158 erfolgte ein Wiederaufbau unter Heinrich dem Löwen. 1159 Stadtrecht.
1188 erhielt Lübeck kaiserliche Privilegien (von Kaiser Friedrich I = Barbarossa),
1192 Eroberung durch Graf Adolf III von Schauenburg.
1202 von Dänen unter Knut VI erobert. Ab 1223 sinkende Macht der Dänen.

22.Juli 1227, Schlacht bei Bornhöved (Koalition von norddt. Adel, Lübeck und Herzog Albrecht von Sachsen besiegt die Dänen), Lübeck wird “Freie Reichsstadt”.

1237 erwähnt:Steuerprivilegien für die “Mercatoes de Guthlandia” (Gotlandfahrer)
dem Vorläufer der Hanse.
1266 wurde die Hanse gegründet.
Ueber die Hanse sehr übersichtlich : “The chronicle of the Hanse” (deutsch und englisch)  unter www.european-heritage.org

Ab 1350 “Pestwellen” (1350,1358,1367,1376,1388,1391,1406).

1350 sollen von etwa 20.000 Einwohner (die Zahlen schwanken zwischen 18.800 und 24.400) über die Hälfte der Einwohner an der Pest gestorben sein. Allein am 10. August sollen innerhalb von 24 Stunden 2,500 Menschen gestorben sein.
Allerdings gilt  dies Zahl als übertrieben. Eine andere Zahl spricht von 500.

Einwohnerzahl im 14ten Jahrhundert 22.000 – 24.000.
Damit zu der Zeit die zweitgrösste Stadt Deutschlands nach Köln.

Davon 500 Kaufleute der sogenannten Sozialschicht I.

Die ersten Consules (Ratsherren) sind 1201 belegt.
Ab Mitte des 13. Jahrhunderts hat sich die Selbstverwaltung der Bürger durchgesetzt. Der Rat wurde von Anfang an durch “Gross- und Fernhändler” beherrscht.
Anzahl der Ratsmitglieder war meist so um die zwanzig ( 16 Ratsherren, 4 Bürgermeister).
1380 gab es soziale Unruhen und 1384 den “Knochenhaueraufstand”
(im Prinzip Handwerker gegen Kaufleute).
1403 wurden die Hansekaufleute (Alter Rat) durch die Handwerker (Neuer Rat)
abgelöst.
Vertreibung bzw. Auswanderung der meisten Mitglieder des “Alten Rates”
(alle 4 Bürgermeister und 15 der 23 Räte).
Der “Neue Rat” war wenig diplomatisch und flexibel und Lübeck wurde 1410 von König Ruprecht von der Pfalz in die “Reichsacht” genommen. 1416 kehrte der “Alte Rat” zurück.

Holstentor in Lübeck

IMG 4716 bearb



In dieser Stadt haben die Grawert’s als Hansekaufleute über viele Jahrhunderte eine bedeutende Rolle gespielt und zwar offenbar schon relativ früh, nach Erteilung des Stadtrechts 1159 (s.o.) und dem Beginn der Hanse (1266).

Nach dem Lübecker Archiv lebten 1282 zwei Brüder Hinrich und Heideco Grawert
in Lübeck. Der Vater ist als N.Grawert benannt.
Beide müssen zu diesem Zeitpunkt aber bereits mindestens 50 Jahre alt gewesen sein, denn:
Hinrich hatte drei Kinder die erwähnt sind (Christina lebte 1286, Albert lebte 1300, Heinrich lebte 1300).
Von Heideco sind als Kinder erwähnt : Hinrich, Eveke (1289) Richard, Godeco
und  Willekinus.
Richard Grawert war von 1286-1291 Ratsherr in Lübeck und davor 1286 Gesandter in Dänemark und Schweden.


Von Godeco und Willekinus wird im Lübecker Archiv berichtet:
“Diese Brüder verkauften 1301 Arnoldo de Soltwedel quartam parten hereditatis quae Honovere Dicitur”. An anderer Stelle : Holstentor 170.
Das Haus Johannisstr. 15 wurde 1317 durch seine Witwe und Kinder verkauft.

Was können wir daraus interpretieren?


  1. Wenn Richard als Gesandter in Dänemark und Schweden mindestens 30 Jahre alt war, dann muss er ca. 1255 geboren sein. Sein Vater Heideco muss dann (Richard ist als drittes Kind gelistet) etwa 1225 geboren sein, also um die Zeit als Lübeck “Freie Reichsstadt” wurde.
  2. Die Vornamen “ Hinrich, Heinrich usw.” könnten auf die Verwandtschaft mit den (niederländischen) Emdenern hindeuten.
  3. Der Verkauf von Haus und Grundbesitz durch die Brüder Godeco und Willekinus im Jahre 1301 wäre ein Indiz dafür, dass die Aussage von Werner Gragert , eine Gruppe von Grawert’s hätte 1301 Lübeck verlassen und wären in die Prignitz umgesiedelt, richtig ist.


“Im Jahre 1301 verliessen dann eine Gruppe von Grawert’s die Stadt Lübeck und siedelten sich in der Prignitz, einer auch Altmark genannten Landschaft, westlich von Berlin, an.
drei Familien Grawert, von denen zwei Väter als Ratsherren in Lübeck belegt sind”
(Werner Gragert. Perleberg).
Der einzige dokumentierte Ratsherr in Lübeck zu der Zeit war Richard Grawert.

Auch Hans-Curt von Grawert, Berlin sagt aus, dass  seine Vorfahren aus Lübeck kommen und diese wiederum “von einer Utrechter Patrizierfamilie abstammen”.

Die Gründe warum man Lübeck verliess, sind nicht  bekannt.
Die Pest (erst ab 1350) und die sozialen Unruhejahre z.B. des “Knochenhaueraufstandes” bzw. des “Neuen Rat’s” kamen erst später.(1380-1416).

Meine Vermutung ist, dass dies im Wesentlichen geschäftliche Gründe waren, denn
die Lübecker Grawert’s waren über Jahrhunderte nachweislich Hansekaufleute.
Die Prignitzer Städte wie Salzwedel, Perleberg, Stendal, etc. lagen alle in der Verlängerung der “Salzstrasse” von Lübeck nach Lüneburg, die weiter nach Magdeburg, Frankfurt/Main und Dresden führt und hatten eine günstigen Lage an oder nahe der Elbe. Magdeburg war, bis zur Zerstörung im 30jährigen Krieg durch Tilly, eine der fünf grössten Städte Deutschlands. (s.a.S.3).
(s.a. Jürgen Haase: “Von den Hanseaten in der Altmark”http://www.fzp-wohin.de/heimat).


Es ist also sehr gut denkbar, dass Grawert’s nach Perleberg oder Stendal zogen, um dort
ein Handelskantor zu eröffnen. Salzwedel trat schon 1263 dem Vorläufer der Hanse (Gothlandfahrer), Perleberg 1358 und Stendal 1359 der Hanse bei. Zudem erlaubte der Stecknitzkanal die Schiffsverbindung von Lübeck an die Elbe und Salzwedel konnte schon ab 1270 über den Fluss Jeetze auf dem Wasser von Lübeck aus erreicht werden.


Ausser in Lübeck hatten Grawert’s auch “Kantore” in Reval (nachweislich, siehe etwas später), ein Grawert (Heinrich) war Ratsherr in Lüneburg und Hans Grawert  war 1474 auf dem Kantor in Brügge ( und lebte noch 1483). Archiv der Stadt Lübeck
Die Hanse hatte in Brügge einen Hauptumschlagplatz.

Die Prignitzer Grawert’s hielten nachweislich über Jahrhunderte enge Verbindungen zu ihrer Verwandtschaft in Lübeck.

Beispiele:

Vrytse/Vritze/Fritz Grawert wurde 1370 in Stendal geboren und war später Ratsherr in Lübeck. Sein Beruf war : Fernhandelskaufmann. Er “kehrte im 15ten Jahrhundert nach Lübeck zurück (1413 schon wieder in Lübeck erwähnt) und verstarb dort 1449.”

nach anderen Angaben schon ab 1392 in Lübeck.


Der Bürgermeister von Stendal Hans Goldbeck kaufte 1472 mehrere Grawert’sche Güter in der Altmark und heiratete die Tochter des Lübecker Bürgermeisters, Ilsa Grawert.
(Das ist wahrscheinlich eine Übertreibung, denn m.W. war kein Grawert Bürgermeister von Lübeck, mindestens drei waren allerdings Ratsherren).


“…dessen Tochter Elsa den Stendaler Bürgermeister Hans Goldbeck heiratete”.

 

Allerdings sind zwischen 1301 und 1413 Grawert’s in Lübeck kaum noch erwähnt.

Dies kann aber mit den Pestwellen und politischen Unruhen zusammenhängen.



Es gibt ein “Bruderbuch der Revaler Tafelrunde” 1364-1549

(Tectum Verlag Marburg, Torsten Derrik)


Dort sind die Namen der “Brüder” aufgeführt.

Dies sind meist Kaufleute (Herren) und “Schiffer” der Hanse.

Reval und Lübeck waren Mitglieder der Hanse und Lübeck war der dominierende

Partner.

(“Die Lübecker Ratsurteile erhalten ihre Bedeutung aus dem Umstand, dass Lübeck

offiziell bis 1584 der Appellationshof für zivilrechtliche Urteile des Revaler Rats war.”)



In diesem Namensverzeichnis sind erwähnt:

 

Lübecker Zirkel  :     Fritz Grawert  1440

                                   Herman Grawert  1458

                                   Fritz Grawert   1461

 

Ausserdem wird in diesem Buch erwähnt: “Segeberg, Johan Hans starb 1465.

Er stiftete in Lübeck zwei Armenhäuser für Frauen und war mit der

Tochter von Fritz Grawert verheiratet.


Auf der Revaler Seite sind erwähnt:
                                 Fryst Grawert   1439

                                 Cort Grawert    1442

                                 Jachym Grawert  1456

                                 Vrytze Grawert 1459   (“op Wynachten worden gylde  broder”)

                                 Jachem Grawert 1485

Die Lübecker  Grawert’s hatten also eine Handelsniederlassung in Reval.

Die Lübecker Hanse hatte von Reval aus einen bedeutenden Handel mit Russland

(Novgorod) und St. Petersburg.